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    Mit dem Problem Wolf allein gelassen

    Wolfsrudel NeuIm vergangenen Jahr platzte in Hannover die bis dahin rot-grüne Landesregierung, weil eine Grünen-Abgeordnete befand, dass ihre Partei die Schafhalter mit dem Problem Wolf zu sehr allein lasse, obwohl ohne Schäferei die Deiche an der Küste nicht zu unterhalten sind.  In Mecklenburg-Vorpommern flogen die dort in Wolfsfragen ziemlich kompromisslosen Grünen bei den letzten Wahlen aus dem Landtag.

    Titel Wolf NeuIn den Koalitionsverhandlungen der amtierenden Bundesregierung spielten Deutschlands Wölfe – gemessen an ihrer Zahl – eine durchaus tragende Rolle. Schwedens Staatsfernsehen nahm sie schon vor Jahren zum Beleg für ein „Geteiltes Land“, in dem die Interessen urbaner Großstädter und der Landbevölkerung zunehmend auseinanderdriften. Im Zentrum des Konflikts steht – ohne größeres Zutun – die Jägerschaft. Zunächst vom Raubtier überwiegend durchaus angetan, heute gelegentlich zerstritten, wie der Rest der Deutschen. Auch die Frage, ob der Wolf ins Jagdrecht soll, ist letztendlich der Politik geschuldet und wird dort immer dann gern gestellt, wenn die Unruhe bei den vom Wolf gebeutelten Weidetierhaltern aktuell hochkocht.

    Am Schluchsee im Schwarzwald ermitteln Kriminalbeamte seit Jahresfrist nach einem „Wolfsmörder“ (so der Tierrechtler-Jargon). Sämtliche registrierte Waffen des im Leib des toten Tieres nachgewiesenen Kalibers wurden eingesammelt. Ergebnis Fehlanzeige. Der Nachweis, dass Jäger Wölfe meucheln, scheint wieder einmal nicht zu gelingen. Aber das ändert scheinbar nur wenig am Vorurteil der Wolfsgemeinde, die im Waidwerk ihr Lieblingsfeindbild sucht. Im Schweriner Landtag denkt ein SPD-Umweltminister laut über Obergrenzen für die Wölfe nach. In Niedersachsen lässt der SPD-Ministerpräsident seine Landwirtschaftsministerin von der CDU gewähren, wenn diese findet, dass es nun genug Wölfe im Lande gebe. Und der bereits erwähnte Winfried Kretschmann warnt als einziger Ministerpräsident der Grünen davor, dass man den Wolf „zum wichtigsten Naturschutzthema hochstilisiert". Abgeordnete der baden-württembergischen Grünen reden nach der ersten großen Wolfsattacke auf eine Schafherde in ihrem Bundesland offen darüber, dass es in Deutschland 700 Wölfe gibt. Nach Rechnung diverser Wolfsvereine sind es höchstens 300, wobei sie am liebsten nur die beiden Elterntiere eines Rudels zählen. Selbst in diesen Kreisen warnen seriöse Sachkenner wie die Tierfotografin Elli Radinger, eine Weggefährtin des Wolf- „Papstes“ Erik Ziemen, längst vor Untertreibung. Sie fürchten um die Glaubwürdigkeit der Pro-Wolf-Fraktion. Logisch, dass nach solchen Rechenregeln die angestrebte Wolfsdichte von bundesweit 1000 Tieren erst erreicht ist, wenn sich in Wahrheit mindestens 3000 Wölfe in deutschen Wäldern tummeln. An die 1000 sind es eh schon, glauben nicht nur Tierhalter-Verbände und der Deutsche Jagdverband. Genug für den „günstigen Erhaltungszustand“, den die Europäische Union für die europaweit nicht gefährdete Art auch in Deutschland sicherstellen will. In den ersten Wolfsregionen wird der bestimmungsgemäße Einsatz von Jagdhunden bereits zum unkalkulierbaren Risiko. Wölfe, das wissen wir nun auch in Deutschland, haben Hunde zum Fressen gern. Eine besondere Herausforderung in Zeiten der Schweinepest und explosionsartiger Vermehrung der Sauen, die auf der Speisekarte der Wölfe als wehrhaftes Wild ganz weit hinten stehen. Dass die Raubtiere den Jägern die Arbeit der Schalenwildregulierung abnehmen könnten, erweist sich auch in den Wolfszonen weitgehend als Illusion. Wahr ist: Noch ist der „Günstige Erhaltungszustand“ zumindest offiziell nicht festgestellt. Noch bleiben Jäger verschont vom politischen Ansinnen die Bestandsregulierung oder die „Entnahme“ sogenannter „Problemwölfe“ zu übernehmen. Was den Betreffenden in solchem Fall droht, ist abzusehen: Nicht nur Rufmord, sondern auch Morddrohungen sind in der Szene schon heute an der Tagesordnung.  Sogar, wenn es um Mischlingswölfe geht, die nach der Berner Artenschutzkonvention umgehend entnommen werden müssten. Die Pro-Wolf-Organisationen beginnen sich unter dem Druck einer beunruhigten Öffentlichkeit mit dem Gedanken anzufreunden das Wölfetöten Staatsbediensteten zu überlassen – und nicht den dort verhassten „Hobby-Jägern“. Selbst im Tod taugen die Tiere auf diesem Weg noch als Job-Maschine. Der Löwenanteil der Steuergelder für das Experiment Wolf geht jetzt schon für hauptamtliche Wolfsberatung und Raubtier-Management drauf. Im Vergleich verschwindend klein der Aufwand für Entschädigungszahlungen an Weidetierhalter. Zusätzlich verschärft politische Zögerlichkeit die Probleme: Zuschüsse für leidlich wolfssichere Weidezäune und Herdenschutzhunde gibt es in weiten Teilen der Republik erst dann, wenn Wölfe in der betroffenen Region die ersten Nutztiere gerissen haben. Grundsätzlich geklärt ist nicht einmal, ob das Verbot von Elektrozäunen in der Hundehaltung auch auf Herdenschutzhunde anzuwenden sei. Derweil schafft die Wirklichkeit die Realitäten: Eben erst gab es die ersten Schafrisse in einer ordnungsgemäß mit Elektrozäunen und Schutzhunden gesicherten Herde. Prompt haben Wolfsfreunde die bisher gern verdrängte Debatte um die Schattenseiten der florierenden Schutzgeschäfte begonnen: Offenbar gibt es auch unter Schutzhund-Züchtern Schwarze Schafe. Auch in einschlägigen Kreisen außerhalb der Schäferzunft erfreuen sich die kampferprobten Rassen zunehmender Beliebtheit. Mitunter mit tödlichen Folgen – wie zuletzt vor einem Gericht im Schwarzwald verhandelt, nachdem ein Hund der Rasse Kangal am hellichten Tag eine Seniorin auf offener Straße zu Tode biss. Bayerns Staatsregierung mag sich die Tourismus-Regionen der Almen und Alpen nicht übersät von Elektrozäunen und mit derart kampffreudigen Hunden vorstellen. Dort fordern die zuständigen CSU-Minister längst wolfsfreie Zonen nach dem Muster der rotwildfreien Gebiete, die ja dem forstwirtschaftlichen Ertrag und damit der Landwirtschaft geschuldet sind. Und sie verweisen dabei gerne auf das „Schwedische Modell“, das unbehelligt durch die Europäische Kommission wolfsfreie Zonen und den Nothilfe-Abschuss bei akuter Gefahr für Haus- und Nutztiere vorsieht. Ähnliches duldet die EU auch in Finnland und den baltischen Mitgliedsländern. Diese haben sich den Raubtierabschuss in den Beitrittsverhandlungen konkret zusichern lassen. Er gilt ausdrücklich auch bei Störungen des „Sozialen Friedens“ in den betroffenen Regionen. Die schwedische Provinz Örebro ließ mit dieser Begründung schon ganze Wolfsrudel entnehmen. Rügen aus Brüssel blieben aus, sie gelten ausschließlich der regulären Lizenzjagd auf die Wölfe. Deutsche Wolfsfreunde wollen Skandinavien als Beispiel für realistisches Wolfsmanagement nicht durchgehen lassen. Dabei sind nicht nur die Verhältnisse vergleichbar, sondern durchaus ebenso die Ursprünge: Auch die Spur der skandinavischen Wölfe führt nämlich nach Bayern.

    Die Spur führt tief nach Bayern

    Genauer betrachtet beginnt die Geschichte der Heimkehr der Wölfe nach Mitteleuropa und Skandinavien tief im Bayerischen Wald. In Grillenöd, einem kleinen Weiler im Landkreis Passau. Dort beschloss der Deutsch-Schwede Erik Zimen in den späten Sechzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts mit den Wölfen zu leben, die ihn bis zu seinem frühen Tod faszinierten. Zimen führte die Tiere an der Leine spazieren, bis hinauf zum Lusen, dem Wahrzeichen-Berg des Nationalparks. Er kreuzte sie mit Königspudeln, promovierte an der Universität Kiel mit vergleichender Verhaltensforschung an Wölfen und Pudelhunden. Als Mitarbeiter am Seewiesen-Institut des berühmten Konrad Lorenz musste Zimen zeitweise auf die Nähe seiner Vierbeiner verzichten. Sie hätten den Gänsen seines Mentors gefährlich werden können. Erste Schlagzeilen gab es, als die Gatter-Wölfe im Jahr 1976 die Freiheit suchten und auf einem Campingplatz einen Buben in den Allerwertesten bissen. Richtig schlimm war die Verletzung nicht, aber in Bayern war danach die Hatz eröffnet, die keiner der acht halbzahmen Wölfe überlebte. In den Abruzzen, wo sie geboren wurden, ging die Arbeit am Projekt der Wiedereinbürgerung ebenso weiter, wie in Erik Zimens schwedischer Zweitheimat. Fast zeitgleich erschienen in Deutschland und in Schweden Broschüren mit dem Titel „Rotkäppchen lügt“. Die Vorurteile und Ängste, die den Wolf über Jahrhunderte begleiten, hielten Zimen und seine Weggefährten für das wohl schlimmste Hindernis auf dem Weg, Europa bis hinauf in den hohen Norden wieder Wolfsland sein zu lassen. Bereits 1971 hatte sich in Schweden das „Projekt Wolf“ gegründet. Getragen vom Naturschutzverband SNF (Svenska Naturskyddsföreningen) und dem WWF. Mit im Boot die wichtigsten Zoologischen Gärten, große Waldbesitzer und auch nicht wenige Jäger. Wer heute die Protokolle aus den Gründerjahren nachliest, findet bis in unsere Tage virulente Verschwörungstheorien gestützt: Man war sich weitgehend einig, dass natürliche Zuwanderung über das Baltische Meer eine Illusion wäre. Deshalb sollte der Natur mit Wildfängen aus Osteuropa oder gar Tierpark-Wölfen nachgeholfen werden. Von Auswilderung will heute niemand mehr wissen. Eine Dokumentation des Norwegischen Staatsfernsehens mit handfesten Hinweisen hierzu ist im Internet nur noch mit Mühe zu finden. Wahr ist immerhin, dass die ersten Neuzugänge für die zuvor nahezu ausgestorbene Schweden-Population genau in jenem Gebiet auftauchten, das die „Projekt Varg“-Gründer als optimalen Standort ausgewählt hatten. Ebenfalls wahr: Zimen & Co. war klar, dass die Rentierweiden im Norden kein guter Platz für ihre Schützlinge wären. Bis heute sind – mit dem Segen der Europäischen Union – weite Teile Lapplands wolfsfreie Zone. Gelungen scheint das „Projekt Wolf“ trotzdem. Um die 500 Wölfe streifen nach offizieller Zählung durch Schweden und das angrenzende Norwegen. Auf 170 bis höchstens 270 Tiere hatte Schwedens Reichstag im Dezember 2013 nach Anhörung von Wissenschaftlern und aller wichtigen Verbände den „günstigen Erhaltungszustand“ festgelegt. Aber damit sind auch die schwedischen Wolfsfreunde längst nicht mehr zufrieden. Wo doch selbst Erik Zimen von höchstens 100 Wölfen träumte – und dabei immer erwähnte, dass die Akzeptanz der Menschen vor Ort sehr wichtig sei, wenn die „Heimkehr“ seiner Schützlinge dauerhaft gelingen soll. In Schweden, wo es schon mal Schulfrei gibt, wenn Wölfe durch Dörfer und Vorstädte streifen, ist diese Akzeptanz binnen drei Jahrzehnten von satten Zweidrittelmehrheiten im ländlichen Raum deutlich unter 50 Prozent gesunken. Jäger versuchen ihren Hunden Sicht- und Spurlaut abzugewöhnen, weil diese Töne offenbar die Wölfe anlocken. Sogar Nachsuchen geraten mitunter schon zum Wettlauf mit den Raubtieren. Sie wissen, dass es oft was zu fressen gibt, wenn es geknallt hat.